Gemäß §§ 13ff. Bundesnaturschutzgesetz müssen unvermeidbare Eingriffe in Natur und Landschaft durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege vom Verursacher immer ausgeglichen (Ausgleichsmaßnahmen) oder in sonstiger Weise kompensiert werden (Ersatzmaßnahmen). Da mit der Errichtung und dem Betrieb von Windenergieanlagen auch immer Eingriffe in Natur und Landschaft einhergehen − betroffen sind in der Regel Landschaftsbild und Boden sowie der Naturhaushalt – muss ein entsprechender Ausgleich oder Ersatz erfolgen. Der Ausgleich geht dem Ersatz dabei immer vor.
Unter Ausgleich wird verstanden, dass durch eine Maßnahme die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushaltes oder des Landschaftsbilds wiederhergestellt werden. Der Ausgleich muss dabei in einem sachlich-funktionellen Zusammenhang mit dem Eingriff stehen und die beeinträchtigten Funktionen müssen gleichartig wiederhergestellt werden. Der Ausgleich muss zwar nicht am Ort des Eingriffs selbst erfolgen, jedoch auch dort seine Wirkung entfalten.
Ein Ersatz / eine Kompensation in sonstiger Weise setzt dagegen voraus, dass die beeinträchtigten Funktionen in gleichwertiger Weise ersetzt werden – also das ökologische Niveau erreicht wird, das auch ein Ausgleich bewirkt hätte. Demnach muss auch beim Ersatz ein sachlich-funktioneller Zusammenhang zum Eingriff gegeben sein, doch genügt die Herstellung ähnlicher und nicht wie beim Ausgleich identischer Funktionen.
Warum Good Practices?
In dieser Good Practice-Sammlung werden gut gelungene A&E-Maßnahmen vorgestellt, die im Rahmen von Windenergievorhaben umgesetzt wurden. Mit der Zusammenstellung möchten wir sichtbar machen, wie A&E-Maßnahmen für Mensch, Natur und Landschaft dauerhaft eine positive Wirkung entfalten können. In unseren 18 Beispielen wurden die Eingriffe der Windenergie entweder in unmittelbarer Nähe zum Vorhabenstandort oder eingebettet in ein vorhabenübergreifendes Kompensationsprojekt ausgeglichen oder ersetzt.
Ziele und Mehrwerte von A&E-Maßnahmen
An dieser Stelle sind die 18 Beispiele thematisch nach Maßnahmentypen geclustert. Gleichzeitig wird ein Fokus auf weitere positive Auswirkungen und Mehrwerte gelegt, die sich im Zuge der Maßnahmenumsetzung ergeben haben − wie bspw. soziale, umweltpädagogische oder akzeptanzfördernde Aspekte. Ebenso wird das Thema „Kommunikation“ in den Blickpunkt gerückt, um aufzuzeigen, wie eine positive Berichterstattung und Information zu A&E-Maßnahmen gelingen kann.
Themen-Cluster
Wald und Wiederbewaldung
Wälder wurden über Jahrhunderte vom Menschen intensiv genutzt, was zu einem starken Rückgang der Waldfläche führte. Zwar wurden − als das Holz knapp wurde − neue Bäume gepflanzt in zumeist Nadelholzmonokulturen. Diese haben sich allerdings mit der Zeit als ökologisch instabil und anfällig für Schädlinge erwiesen, so dass heute die Wälder wieder in naturnähere Laub- und Mischbestände umgebaut werden. © FA Wind
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Wald und Wiederbewaldung
Good Practice Maßnahmen:
Gewässergestaltung
Gewässer werden seit langer Zeit vom Menschen verändert, bspw. für Transport, Landgewinnung und Naherholung. Durch Abwassereinleitung und dem Eintrag von Düngemitteln und Pestiziden aus der Landwirtschaft werden sie zusätzlich belastet. Mit dem Ziel, eintönige Flüsse, Bäche und Seen sowie ihre Ufer wieder naturnäher zu gestalten und ihren ökologischen Zustand zu verbessern, werden sie heute teilweise renaturiert. © Franz-Otto Brauner
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Moorrenaturierung
Moore haben eine bedeutende Funktion für Umwelt und Klima und sind mit ihrem einzigartigen Ökosystemen Lebensraum für viele Arten. Da ihre feuchten Böden weder land- oder forstwirtschaftlich nutzbar noch bebaubar sind, wurden sie in der Vergangenheit meist entwässert. Mittlerweile haben sie einen hohen Stellenwert beim Klimaschutz, so dass sie vielerorts renaturiert werden. © Energiequelle
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Entbuschung und Beweidung
Durch historische Landnutzungsformen entstandene wertvolle Biotope − wie beispielsweise Halbtrockenrasen, Feuchtwiesen oder Heiden − beginnen nach Nutzungsaufgabe mit der Zeit zu verbuschen und letztlich zu bewalden. Zum Erhalt dieser Lebensräume ist eine Entfernung der Gehölze und Wiederaufnahme einer Nutzung oder Pflege − bspw. durch Beweidung − notwendig. © Dieter Feldner
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Entbuschung und Beweidung
Good Practice Maßnahmen:
Streuobstwiesen und Baumalleen
Streuobstwiesen und Baumallen sind altes Kulturgut, früher waren sie oft an Dorfrändern und Straßen zu finden und versorgten die Menschen mit Frischobst. Mit dem Aufschwung der industriellen Obsterzeugung verloren sie an Bedeutung. Da insbesondere Streuobstwiesen zu den artenreichsten Biotopen Mitteleuropas gehören, haben sie heute naturschutzfachlich einen hohen Wert. © Peter Marmucki
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Bodenentsiegelung
Versiegelte Flächen wirken sich negativ auf die Funktionen des Bodens aus, da Niederschlag nicht eindringen kann und so viele natürlich ablaufende Prozesse gestoppt werden. Mit der Entsiegelung, also dem gezielten Abriss von bspw. Gebäuden und ihren Fundamenten, asphaltierten Flächen etc., werden wichtige Bodenfunktionen wiederhergestellt und Flächen der Natur zurückgegeben. © Theresa Ungru
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Bodenentsiegelung
Good Practice Maßnahmen:
Habitate für Tiere
Die menschliche Nutzung der Umwelt kann zur Veränderung oder dem Verlust von Lebensräumen von Insekten und Tieren führen. Zum Schutz und der Erhaltung von Arten sowie der biologischen Vielfalt werden entsprechende Lebensraumverluste ausgeglichen, indem an anderer Stelle neue Habitate geschaffen oder geeignete Habitate aufgewertet werden. © Verena Rupprecht
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Habitate für Tiere
Good Practice Maßnahmen:
Wildkrautacker
Wildkrautreiche Ackerflächen waren einst weit verbreitet. Mit dem Übergang zur intensiven Agrarproduktion setzte ein massiver Rückgang an Pflanzen- und Tierarten auf Wiesen und Äckern ein. Heute haben artenreiche Äcker aus Naturschutzsicht einen hohen Wert. Sie stellen Lebensraum für eine Vielzahl an Tieren, Pflanzen und Insekten dar und bereichern durch ihre vielfältigen Blühaspekte das Landschaftsbild. © Dr. Olaf Bastian
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Erhaltung der Kulturlandschaft
Der Mensch hat Landschaften über Jahrtausende durch Landnutzung geformt und geprägt. So haben sich regional unterschiedliche Kulturlandschaften entwickelt, die sowohl Lebens- als auch Wirtschaftsräume darstellen. Heute haben diese historisch entstandenen Landschaftsformen einen besonderen Wert für Mensch und Natur und werden gezielt gefördert und erhalten. © Gutscker Dongus
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Erhaltung der Kulturlandschaft
Good Practice Maßnahmen:
Projektübergreifende Kompensation
Werden Eingriffe aus mehreren Windenergievorhaben gemeinsam ausgeglichen oder ersetzt, wird dies als projektübergreifende Kompensation bezeichnet. Auch als Ausgleich für Eingriffe in das Landschaftsbild werden oft vorhabenübergreifende Maßnahmen umgesetzt. Dies hat den Vorteil, dass bspw. großräumigere Naturschutzmaßnahmen entwickelt oder neue Naturschutzgebiete geschaffen werden können. © Stephan Beermann
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Projektübergreifende Kompensation
Good Practice Maßnahmen:
Soziales Engagement und Bildung
Werden bei der Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen soziale und umweltpädagogische Aspekte berücksichtigt, profitieren Mensch und Natur gleichermaßen. Gelingen kann dies bspw. über die Einbindung von Schulen oder örtlichen Naturschutzvereinen. Werden bspw. mit vereinten Kräften Bäume gepflanzt, stärkt dies Gemeinschaftsgefühl und Umweltbewusstsein – und ebenso die Akzeptanz der Windenergie. © LPV Neumarkt
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Soziales Engagement und Bildung
Good Practice Maßnahmen:
Kommunikation und Information
Mit der Berichterstattung über gut umgesetzte A&E-Maßnahmen− bspw. in regionalen Zeitungen oder digitalen Medien − kann aufgezeigt werden, welche positiven Effekte sich für Mensch und Natur bewirken lassen. Auch Info- oder Schautafeln können auf eingriffbedingte Naturschutzmaßnahmen aufmerksam machen und so einen Beitrag zur Akzeptanz der Windenergie leisten. © LPV Neumarkt
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Kommunikation und Information
Good Practice Maßnahmen:
- Windparks Reichertshüll und Workerszeller Forst
- Projektübergreifende Kompensation für 53 Windenergieanlagen
- Windpark Großkorbetha
- Windpark Klingenberg
- Gemeinsame Kompensation für vier Bürgerwindparks
- Windpark Rastenberg
- Bürgerwindpark Neuengörs-Weede
- Windpark Grenzstrom-Vindtved
- Windpark Rehborn
- Gemeinsame Kompensation für drei Windparks
- Windpark Uckley Nord
Kriterien für gelungene A&E-Maßnahmen
Für die Auswahl der Beispiele wurden gemeinsam mit Expertinnen und Experten aus der FA Wind und Solar-Mitgliedschaft Kriterien festgelegt, die für „good practice“ bei der Planung und Umsetzung von A&E-Maßnahmen sprechen. Damit sollte gewährleistet werden, dass Maßnahmenbeispiele abgebildet werden, die nachweislich und dauerhaft ihren Zweck erfüllen, dies überprüft und – soweit erforderlich – nachgebessert wird. Als weitere wünschenswerte Kriterien – die aber kein „Muss“ sind − wurde bspw. die Beteiligung lokaler Akteure oder die Einbindung in ein überregionales Naturschutzkonzept definiert.
Kriterien, die erfüllt sein sollten:
- Erfolg/Wirksamkeit der Maßnahme wird gemessen (Funktionskontrolle)
- Nachbesserungen werden (wenn erforderlich) durchgeführt
- Maßnahme wird für die Dauer des WEA-Betriebs gesichert
Kriterien, die ebenso erfüllt sein können − aber kein „Muss“ sind:
- Maßnahme wird über die Betriebszeit der WEA hinaus gesichert
- lokale Akteure wurden bei der Planung & Umsetzung der Maßnahme beteiligt
- über die Maßnahme wird berichtet/informiert
- Maßnahme ist in ein überregionales Naturschutzkonzept eingebunden