Windparks Reichertshüll und Workerszeller Forst

Waldumbau, Aufforstung und Aufbau eines ausgedehnten Waldinnensaums

In den beiden bayerischen Windparks Reichertshüll und Workerszeller Forst wurde in einem Gemeinschaftswerk der benachbarten Gemeinden Raitenbuch in Mittelfranken und Schernfeld in Oberbayern insgesamt 16 Windenergieanlagen von der OSTWIND Erneuerbare Energien GmbH errichtet. Mit dem Vorhaben, welches auf Flächen der Bayerischen Staatsforsten realisiert wurde, geht ein umfangreiches Paket an ökologischen Ausgleichsmaßnahmen einher, die für entstandene Eingriffe in Waldlebensräume (Schutzgut Tiere, Pflanzen, biologische Vielfalt) sowie das Schutzgut Boden erforderlich wurden. Drei der Maßnahmen werden an dieser Stelle vorgestellt: die Aufwertung eines ehemaligen Hutewaldes, die Aufforstung der baubedingt gerodeten Lagerflächen sowie einer ehemals landwirtschaftlich genutzten Fläche mit heimischen Gehölzen.

Hutewaldstrukturen bringen Licht ins Dickicht

Im Talraum eines ehemaligen Hutewaldes aus tief bekronten Alteichen, Hainbuchen, Buchen und Kiefern, der mit jüngeren Laubholz- und Douglasienbeständen durchsetzt und im Randbereich verlichtet war, soll durch Pflegemaßnahmen wieder ein Bestand mit erkennbarem Hutewaldcharakter entwickelt werden. Dafür wurden alle Bestände mit Ausnahme der Altholzreste sowie einzelner jüngerer Eichen auf der Fläche entnommen. Die Erhaltung dieser realisierten Hutewaldstruktur erfolgt durch eine konsequente Schafbeweidung auf der gesamten Fläche. Insgesamt soll somit ein gemäß Bayerischer Kompensationsverordnung als „nicht standortgerechter Laub(misch)wald, mittlere Ausprägung“ eingeordnetes Biotop langfristig zu einem Wald mit hohem Biotopwert aufgewertet werden.

Die Hutewaldentwicklung war ein Teilaspekt des zu leistenden Ausgleichs bzw. in diesem Fall Ersatzes von durch das Bauprojekt entstandenen Eingriffen und orientiert sich an der Bayerischen Kompensationsverordnung (BayKompV). Seitens der Naturschutzbehörde wird die Maßnahme begrüßt.

Neupflanzungen tragen zur Sicherung von gebietsheimischem Saatgut bei

Die für die Bauphase der Windenergieanlagen temporär beanspruchte Fläche wurde mit unterschiedlichen standortheimischen Straucharten wieder in Bestockung gebracht. Hier pflanzte der Forstbetrieb über 20.000 Sträucher mit über 50 verschiedenen Arten – darunter auch vielen selten. Alle gepflanzten Straucharten und ausgebrachten Baumarten sind autochthon und haben entsprechende Herkunftsnachweise. Diese Maßnahme verfolgt neben einer enormen Steigerung der Biodiversität auch das Ziel der Saatgutgewinnung. Somit kann in wenigen Jahren herkunftsgerechtes Saatgut bereitgestellt werden.

Auch bei der Aufforstung von rund vier Hektar ehemals landwirtschaftlich genutzter Fläche als Ausgleich für die durch die Windenergieanlagen beanspruchte Waldfläche wurden neben der schwerpunktmäßigen Pflanzung von Eichen seltene heimische Laubbaumarten wie Elsbeere, Spitzahorn, Sommerlinde, Wildobst sowie im Randbereich verschiedene heimische Strauchbaumarten ausgebracht.

Flächeneigentümerin ist zuständig für Funktionskontrolle und Nachbesserungen

Die dauerhafte Funktionskontrolle sowie Pflege der im Staatswald liegenden Hutewaldbereiche erfolgt durch die Flächeneigentümerin, die Bayerische Staatsforsten AöR, Regensburg. Da aufgrund der Hanglage und Hangneigung des Hutewaldes keine maschinelle Pflege der Fläche möglich ist, übernimmt diese Aufgabe der örtliche Schäfer mit seinen Schafen und Ziegen. Auch mit der Ernte und weiteren Nutzung des Saatgutes wird die Flächeneigentümerin zukünftig betraut. Die langfristige Sicherung der Maßnahmen liegt im Ermessen und Interesse der Bayerischen Staatsforsten, so dass auch über die Betriebszeit des Windparks die Erhaltung der Maßnahmen zu erwarten ist.

Tafel informiert vor Ort über Wind, Wald und Energie

Direkt in den benachbarten Windparks steht eine Infotafel, die interessierte Waldbesucherinnen und Besucher über die Rolle der Windenergie bei der Stromerzeugung, den Wald als Energielieferanten und die Windparks selbst informiert. Neben Berichten in lokalen und überregionalen Medien stellt außerdem ein Projekt-Steckbrief Informationen über das Waldprojekt bereit.

Infotafel zum Projekt (» als PDF herunterladen)

“Der Klimawandel ist die größte Herausforderung unserer Zeit. Die Problemlösung führt vor allem über die Energiefrage. Für mich war die Bereitstellung von Waldflächen für die Windenergie eine logische Konsequenz. In der unteren Schicht betreiben wir eine naturnahe nachhaltige Forstwirtschaft, in der Oberschicht erzeugen wir eine ökologisch saubere nachhaltige Energieform. Eine klassische Win-Win-Situation.”

Ernst GeyerStellvertr. Forstbetriebsleiter, Bayerische Staatsforsten AöR, Forstbetrieb Kipfenberg
Bildergalerie der Maßnahme:

Lessons Learned

Obwohl A-&E-Maßnahmen gerade im Wald immer sehr stark auf den jeweiligen Standort ausgerichtet sind, lassen sich aus diesem Projekt einige über den Einzelfall hinaus bemerkenswerte Erkenntnisse mitnehmen. Offensichtlich wurde zum Beispiel, dass die Nutzung der Windenergie im Wald finanzielle Möglichkeiten für einen gerade im Hinblick auf die Anpassung an die Klimafolgen notwendigen Waldumbau schafft, die sonst zumindest derzeit bei Weitem nicht ausreichend gegeben wären. Gesteigert wird dadurch aber nicht allein die klimatische Widerstandsfähigkeit, sondern auch der Biotopwert des Waldes an sich. Was das Beispiel der Windparks Reichertshüll und Workerszeller Forst noch sehr anschaulich macht, betrifft den wichtigen Aspekt der Erholungsfunktion des Waldes. Offensichtlich ist dort nämlich ein auskömmliches Miteinander von Windenergie und Tourismus durchaus möglich, wie sich vor Ort zeigt. Denn nur wenige Meter von einer Windenergieanlage entfernt ist davon im Wald nichts mehr zu sehen und zu hören. Fazit: Windenergie im Wald steht nicht im Widerspruch zu seinen Funktionen als Natur- und Erholungsraum – im Gegenteil!

Christoph Markl-Meider, OSTWIND Erneuerbare Energien GmbH

Standort

Bayern

Erfüllte „good practice“ Kriterien

  • Funktionskontrolle
  • Nachbesserungen werden durchgeführt
  • Sicherung über Betriebszeit der WEA hinaus
  • Einbindung lokaler Akteure
  • Berichterstattung & Information

Ansprechpartner

Christoph Markl-Meider
OSTWIND Erneuerbare Energien GmbH

Tel. 0941 – 5958956
E-Mail: markl@ostwind.de