Windpark Grenzstrom-Vindtved

Ein Schutzkonzept für die Hattstedter Marsch

Im Landkreis Nordfriesland in Schleswig-Holstein wurden in den Jahren 2007 und 2009 von der Grenzstrom Vindtved GmbH & Co.KG sieben Windenergieanlagen mit einer Leistung von zusammen 27,2 Megawatt in einem grenzüberschreitenden Bürgerwindpark errichtet. Davon wurden vier Anlagen im Rahmen eines Repowering-Vorhabens realisiert, in welchem 32 Altanlagen aus dem Groβraum Nordfriesland abgebaut wurden.

Als Ausgleich für Eingriffe in die Lebensräume von Amphibien und Wiesenvögeln (Schutzgut Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt) wurden in Absprache mit der Unteren Naturschutzbehörde zunächst 22 Hektar Fläche erworben, welche naturnah bewirtschaftet werden. Zur Pflege und Verwaltung der Flächen gründete sich schließlich ein gemeinnütziger Verein, der diesen Grundstock an Ausgleichsflächen zu einem möglichst zusammenhängenden Naturschutzprojekt weiterentwickeln sollte. Inzwischen konnten aus Ausgleichzahlungen für weitere Windenergievorhaben zusätzliche 80 Hektar als Amphibien- und Wiesenvogelschutzflächen erworben werden, welche wiederum für eine naturnahe Bewirtschaftung an Landwirte verpachtet werden. Die Pachteinnahmen werden von dem Verein verwaltet und fließen vollumfänglich in die Pflege und Weiterentwicklung des Schutzkonzeptes.

Neu gegründeter Verein macht sich stark für Wiesenvögel und Amphibien

Ursprünglich war geplant, die Ausgleichflächen für den Windpark Grenzstrom-Vindtved einfach stillzulegen. Doch dann entstand zusammen mit einigen Naturfreunden in der Hattstedter Marsch ein Naturschutzprojekt. Der eigens für die Entwicklung und die Pflege von Ausgleichsflächen gegründete Verein „Naturengagement Bürgerwindparks Nordfriesland“ (NBN e.V.) entwarf ein Konzept, in dem insbesondere dem Wiesenvogelschutz und den Bedürfnissen von Amphibien Rechnung getragen werden soll.

Von dem Verein wurde ein besonders naturfreundliches Bewirtschaftungskonzept entwickelt und ein Plan entworfen, um aus den 22 Hektar Ausgleichsfläche ein möglichst zusammenhängendes Naturschutzprojekt zu entwickeln. Entlang des Jelstroms wurden mit Geldern der Windenergie weitere Grenzertragsflächen aufgekauft. Für diese wurde ein Konzept zur Wasserhaltung in den Flächen erarbeitet und es wurden Grabenprofile entwickelt, die sowohl Wasser- und Wiesenvögeln als auch Fröschen, Lurchen und Kröten den Zugang erleichtern. Gleichzeitig wurden kleine seichte Gewässer angelegt und ein zusammenhängendes mosaikartiges Biotop aus Naturschutzflächen, gewöhnlichen Weiden und kleinen Ackerflächen geschaffen.

Kontrolle, Pflege und Verwaltung der Flächen erfolgt unter Beteiligung verschiedener Akteure

Heute verwaltet der NBN e.V. gut 100 Hektar Naturschutzfläche. Die Flächen sind im Besitz des Vereins oder sind vertraglich an ihn gebunden. Es wird für diese Flächen insbesondere von Biolandwirten eine moderate Pacht bezahlt, die der NBN e.V. vollständig in die Pflege und weitere Entwicklung der Flächen investiert.

In dem Verein haben alle relevanten Interessensvertreter zusammengefunden: Windmüller, Jäger, Pächter, Landwirte, Gemeindevertreter und Naturschützer. Sie kommen mindestens einmal im Jahr zusammen und nehmen den Bericht des Vereinsvorstandes entgegen.

Die Flächen werden regelmäßig überprüft und in Austausch mit der Unteren Naturschutzbehörde weiterentwickelt. Gräben werden gepflegt, Wasserstände reguliert, schonende Beweidung überwacht und angepasst. Da die Maßnahmenflächen nach einigen Jahren zu geschützten Biotopen werden, sind sie dauerhaft gesichert und irreversibel.

Videobeitrag erzählt die Geschichte der Hattstedter Marsch

Wie aus einer Ausgleichsflächenpflicht für Windenergieprojekte ein freiwilliges umfassendes Naturschutzprojekt geworden ist, in dem über einzelne Vorhaben hinaus Maßnahmen gebündelt werden und damit die Naturschutzfläche kontinuierlich erweitert wird, wird in einem Video berichtet. Windparkbetreiber und Naturschutzvertreter erläutern, wie dieses Schutzvorhaben gelang.

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Video: Naturschutz durch Windenergie in der Hattstedter Marsch in Schleswig-Holstein

Ein Projekt für Mensch, Klima und Natur

Eine weitere Besonderheit des Vorhabens ist, dass Menschen aus zwei Ländern (Deutschland und Dänemark) und drei Gemeinden zusammen ein Projekt realisierten, das nicht nur erneuerbare Energie generiert. Vielmehr wurde Wirtschaftskraft in die Gemeinden zurückgeholt, so dass die beiden deutschen Gemeinden dank der Gewerbesteuereinnahmen keine Bedarfsgemeinden mehr sind. Die Bürger arbeiten mit einem dänischen Projekt zusammen, in dem in beiden Sprachen das Thema Energiewende erläutert wird. Hier entsteht eine Informationshütte für Schulklassen und Gruppen.

Es wurde außerdem die Stiftung „BENTUSS“ etabliert, die aus Mehreinkünften der Windparks im Grenzland gespeist wird. Die Stiftung unterstützt Energiesparmaßnahmen und soziales Engagement im deutsch-dänischen Grenzland.

Dabei steht

B – für Bürger
E – für Energie
N – für Natur
T – für Tourismus
U – für Umwelt
S – für Schule
S – für Soziales

“"Die so wichtige und umfassende Aufgabe des Arten-, Natur- und Klimaschutzes verlangt von den Akteuren sehr viel Ausdauer, Kompromissbereitschaft und Aufgabe persönlicher Befindlichkeiten. Die Sachorientierung in guter Zusammenarbeit mit behördlichen Institutionen bis hin zu größeren Zusammenschlüssen wie in Nordfriesland realisiert durch den „Runden Tisch“, einem Zusammenschluss vieler regionaler Akteure wie Naturschutzverbänden, Kommunen, Wasserverbände usw. und führt mittelfristig zum Erfolg. In weiten Teilen unserer Landschaften sind die Populationen der verschiedenen Arten derart geschwächt, dass der Zeitpunkt wirklichen Handelns in der Energiepolitik und des Naturschutzes unter Einbindung der Landwirtschaft bitternötig ist. Diese Punkte vereint bedeuten Klimaschutz und Zukunft!"”

NBN e.V. (Naturengagement Bürgerwindparks Nordfriesland e.V.)Vorstand des NBN e.V.
Bildergalerie der Maßnahme:

Lessons Learned

Der Startprozess war zunächst etwas holprig, weil wir nicht alle Akteure, die heute eingebunden sind, von Anfang an dabei hatten. Heute wissen wir viel mehr über gute Prozesse zur Partizipation von Interessensgruppen. Damals entstand die Idee in kleinem Kreis und die Aufgabe, die Steakholder, die unsere Idee berühren könnte, wurden so erst eingebunden, als das Projekt fast ausformuliert war. Wir mussten erfahren, dass Jäger, Gemeinde und Touristikverband sich überfahren fühlten. Teilhabe hätte anders aussehen können. Wir gehen heute viel sensibler mit der Einbeziehung von Interessengruppen um. Wir haben gelernt, dass Akzeptanz nicht einfach so erzeugt werden kann. Menschen müssen zunächst einmal verstehen, was geplant ist. Dann müssen sie begreifen, dass ein Projekt auch für sie nützlich ist. Sie müssen Vertrauen in die Akteure fassen und dann, erst dann kann die Akzeptanz als Folge von diversen Faktoren wachsen.

Also bemühen wir uns heute, viel einfühlsamer mit dem Thema Partizipation umzugehen. Aber jedes Projekt ist anders und die gute Projektentwicklung muss auch heute noch jedes Mal neu erfunden werden.

Für mich ist somit die gelernte Erkenntnis, das Teilhabe der Steakholder das A und O eines gut entwickelten Projektes ist. Sie – die Teilhabe – entscheidet über Akzeptanz, Anwohnerklagen, oder Wiederstand gegen Landschaftsschutz, Windkraft- oder Solaranlagen.  Und diese Partizipation kann nicht verordnet werden, sondern muss gelebt werden. Das ist das Herz eines gelungenen Bürgerprojektes.

Horst Leithoff, Geschäftsführer der Grenzstrom Vindtved GmbH & Co. KG

Standort

Schleswig-Holstein

Erfüllte „good practice“ Kriterien

  • Funktionskontrolle
  • Nachbesserungen werden durchgeführt
  • Sicherung über Betriebszeit der WEA hinaus
  • Einbindung lokaler Akteure
  • Berichterstattung & Information
  • Einbindung in überregionales Naturschutzkonzept

Ansprechpartner

Reinhard Christiansen & Horst Leithoff
Geschäftsführer
Grenzstrom Vindtved GmbH & Co. KG

Tel. 04663 – 7299
E-Mail: info@reinhard-christiansen.de

» www.reinhard-christiansen.de